Nichts ist so bitter wie Ungerechtigkeit

Logo-MTvom 26.11.2007

 

Premiere des Musicals „Oliver Twist“ auf der Bühne des Gymnasiums Petershagen / Schüler lösten künstlerische Aufgabe

Oliver wird auf der Flucht aus dem Waisenhaus zusammengeschlagen.
Fotos: Matthias Fabritz

Von Christoph Andreas Marx

Petershagen (mt). Oliver Twist, das ist die Geschichte eines Waisenjungen, der unter erbärmlichsten Verhältnissen aufwächst und vom Land nach London flieht, um dort sein Glück zu suchen. Seine Geschichte war auf der Bühne des Gymnasiums mitzuerleben.

Charles Dickens war 27 Jahre alt, als er seinen Roman schrieb, und er hatte dabei die eigene Kindheit noch deutlich vor Augen. Aufgewachsen in ärmsten Verhältnissen, musste er mit zwölf Jahren die Schule hinwerfen und in der Fabrik arbeiten, um die Familie zu unterstützen. Das Schreiben brachte er sich später selbst bei.

Kein Zufall also, dass „Oliver Twist“ nicht einfach die nette Geschichte eines armen Jungen wurde, sondern ein Roman, der gesellschaftliche Missstände thematisiert, etwa Arbeitshäuser und Kinderarbeit oder die Ausbeutung von Straßenkindern durch Krimi–nelle.

In der vorerst letzten Verfilmung des Stoffes taucht Roman Polanski die Szenerie in düstere Bilder und zeigt das Schreckliche, um Unmenschliches anzuklagen, wohlwissend, dass Kinderarmut nach wie vor existiert – und das auch in vermeintlich reichen Ländern.

Dramatische Bilder sah man auch am Samstagabend, als die Theater-AG des Gymnasiums Petershagen „Oliver Twist“ auf die Bühne brachte. Musikalisch unterstützt wurde sie dabei durch die Musik-AG unter Corinna Arnold und Klaus Merkel und dem von Martina Wrachtrup-Klaß einstudierten Schulchor.

Marie-Louise Rasche-Hagemeier und Rainer Hoock hatten werkgetreu inszeniert, und so setzten die jungen Schauspieler DickensŽ Geschichte ohne Schnörkel und Verklärungen in Szene.

Oliver Twist (authentisch dargestellt von Fabio Krüger) kämpft ums nackte Überleben. Im „workhouse“ muss er, wie alle anderen Waisen auch, schwer für den Unterhalt durch die Gemeinde arbeiten. Zu essen bekommen die Kinder nur so viel, dass sie nicht verhungern.

Das richtige Stehlen muss Oliver mit Fagin üben.

Als Oliver eines Abends mutig einen Nachschlag verlangt, muss er fortan zur Strafe für den Leichenbestatter des Ortes arbeiten. Auch dort ergeht es Oliver so schlecht, dass er davonläuft – mit dem Ziel London. Er landet bei Fagin, einem stadtbekannten Hehler (genial verkörpert von Marvin Schulze), der Straßenkinder für sich stehlen lässt und ihnen dafür Kost und Logis gewährt.

Ein schwieriges Unterfangen

Eine sozialkritische Geschichte in ein Musical verwandeln, das ist ein schwieriges Unterfangen. Oliver Twist bietet nicht die klassische Mischung aus großer Liebesgeschichte und tragischem Ende. Stattdessen geht es um Ungerechtigkeit – aber auch um Vertrauen, Zuneigung und Zivilcourage. Dass es letztlich gelang, diese ungewöhnliche Mischung in ein schlüssiges, überzeugendes Musical-Konzept zu schweißen, ist das Ergebnis einer fast einjährigen Teamarbeit.

Da ist zunächst die Musik von Gerrit Helm, die die richtigen atmosphärischen Akzente setzt und von Musikern und Chor engagiert umgesetzt wird. Da sind junge Schauspieler, die ihre Sache gut machen und sich in die Idee des Ganzen einfügen. Und da sind nicht zuletzt die vielen unverzichtbaren Helfer, die mit einfachen Mitteln ein ausdrucksvolles Bühnenbild und beeindruckende Kostüme geschaffen haben und bis zur letzten Sekunde am Make-up arbeiteten.

So war der (stehende) Applaus am Ende der Vorführung berechtigt. Er galt einem Team, das eine alles andere als einfache, künstlerische Aufgabe überzeugend gelöst hatte, einem Team, dem es an diesem Abend zugleich gelang, sich in die Herzen der Zuschauer zu spielen.

Das Publikum bangte mit

Bis zum Schluss war die Geschichte spannend geblieben, und das Publikum bangte mit: Würde es Nancy (einfühlsam gespielt von Franziska Jagoda) gelingen, Oliver Twist zu retten? Und würde sie sich selbst retten können vor den Verfolgern, die Fagin ihr hinterhergeschickt hatte?

Dies zu erfahren, gibt es noch dreimal die Gelegenheit: am Freitag und Samstag, 30. November und 1. Dezember, jeweils um 19 Uhr, sowie am Sonntag, 2. Dezember, um 16 Uhr im Gymnasium. Karten sind im Vorverkauf in der Schule unter Tel.: 0 57 07/ 4 40 und an der Abendkasse erhältlich.

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