Eine Woche ohne Handy, kann das gutgehen?

Ein Unterrichtsexperiment am Gymnasium Petershagen

Emilia und Sophia waren sich schnell einig: „Ja, wir machen das!“ Im Rahmen der Unterrichtsreihe „Digitale Medien und ihr Einfluss auf Kommunikation“ starteten die beiden Schülerinnen der Klasse 10 aus dem Deutschkurs von Dr. Braun am Gymnasium Petershagen ihr Experiment: „Eine Woche ohne Handy“! Was würden sie und ihr Kurs daraus lernen können?

Zunächst einmal musste geplant werden: „Was passiert mit unseren Handys in dieser Woche?“, fragten sich die beiden. Man beschloss, die Geräte den Eltern zu übergeben. „Und wie bleiben wir für ganz wichtige Informationen, die an uns gerichtet werden, trotzdem erreichbar?“ Hier banden die beiden Schülerinnen ihre Geschwister mit ein, denen sie z.B. Zugang zur Onlineplattform ihrer Schule verschafften. „Ich musste auch einige Absprachen vorausschauend treffen, die ich sonst spontan über mein Handy hätte vereinbaren können, z.B., ob meine Mutter mich nach der Schule abholt und wo sie dann auf mich wartet oder wo ich mich in der Mittagspause mit meinen Freunden treffe“, sagt eines der Mädchen im Rückblick.

Wie verlief nun der erste Tag ohne Handy? Junge Leute lesen heute die Uhrzeit von ihrem Smartphone ab. Das fiel weg, sodass Freunde gefragt werden mussten. „Besonders, wenn alle anderen auf ihr Handy starrten, war es schwer, denn ich konnte dann keine Gespräche mit ihnen führen.“ Mit Handy geht also (direkte) Kommunikation verloren – inmitten von Handynutzern ohne Handy spürt man dies dann als temporäre Vereinsamung.

Was hat die beiden überhaupt dazu bewogen, an diesem Experiment teilzunehmen? Die Antwort gibt zu denken: „Ich benutze mein Handy häufig, um die Zeit zu vertreiben. Deshalb fand ich den Gedanken, was passiert, wenn dieser Zeitvertreib wegfällt, interessant.“ Und – was passierte? Schlimme Entzugserscheinungen gab es nicht, eher trat im Laufe der Tage ein gewisser Gewöhnungseffekt ein. „Ich hatte in dieser Zeit ein ruhigeres Gesamtgefühl und habe mich für ganz andere Dinge als für Technik interessiert.“

Befremdlich wurde der Kommunikationsumstieg auf das Festnetztelefon wahrgenommen: Man halte bei Festnetztelefonaten „den Knochen“ ja beständig in der Hand, könne während des Telefonierens gar nichts anderes tun – als eben zu telefonieren. Lange Gespräche per Festnetz wirkten auf eine der Schülerinnen befremdlich, da sie den Gesprächsfaden dann kontinuierlich weiterspinnen musste, was in der Kommunikation per Chat nicht notwendig sei. Chatverläufe werden also, so lernte der Deutschkurs, nicht als kontinuierliches Geschehen wahrgenommen, sondern als Aneinanderreihung von kommunikativen Ein- und Ausstiegen.

Bestimmte, als besonders drängend empfundene Kommunikationsbedürfnisse führten bei einer Schülerin dazu, dass sie ihr Mobiltelefon am Wochenende dann doch einmal zur Hand nahm: „Als ich am Wochenende unterwegs war, musste ich zwingend mit meiner Mutter kommunizieren. Ich kann mir nicht vorstellen, wie das früher ohne Smartphones funktioniert hat. Langfristige Kommunikation kann ja z.B. durch Briefe funktionieren; wie das allerdings spontan ohne Handy gut klappen kann, weiß ich nicht.“

 Und dann war die Testwoche endlich geschafft – und die Freude groß: „Ich habe erstmal alle meine Nachrichten gelesen und beantwortet – und mich gefreut. Ich vermisste besonders die Kommunikation mit meinen Freunden.“

Interessant fanden die Probandinnen das große Interesse anderer an ihrem Experiment: „Wir waren überrascht, dass so viele Menschen sich für das Experiment und unsere Emotionen währenddessen interessierten.“

Die gefühlt „schlimmste Situation“: „Abends, wenn ich fertig war mit meinen Hausaufgaben und allen anderen Beschäftigungen und nichts mehr zu tun hatte.“

Definitiv raten die beiden anderen, es auch mal zu versuchen. Ist das Smartphone mittlerweile zu einem „ausgelagerten menschlichen Organ“ geworden? Wird der Verzicht darauf so elementar erlebt, als fiele etwas Lebensnotwendiges weg? Der Deutschkurs von Herrn Dr. Braun diskutierte vehement und kontrovers darüber. Das kann ausprobiert werden im Selbsttest „Eine Woche ohne Handy“.

Emilia, Sophia und Stefan Braun

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